Sieht aus wie Schnee, ist es aber nicht: Haareis nennt sich diese hübsche Seltenheit, manchmal auch „Eiswolle“ genannt.
Ursprünglich hatte der Meteorologe Alfred Wegener 1918 das Phänomen beschrieben. Er vermutete einen Pilz dahinter. Zwar ist die Entstehung noch immer kaum erforscht, doch die Wissenschaft nimmt mittlerweile physikalische Prozesse als Ursache an. Joachim Schlichting beschreibt im Wissenschaftsmagazin „Spektrum“ die seltene Erscheinung: Haareis sei nur in weitgehend naturbelassenen Waldgebieten anzutreffen, am Holz bestimmter Laubbäume (vor allem Buchen und Eichen), die ungestört vermodern. Es sei
auch deshalb selten, weil „seinem Auftreten eine feuchte Wetterperiode vorangegangen
sein muss und die Temperaturen dürfen nur ein wenig unterhalb des Gefrierpunkts liegen.“ Die dünnen Eisfäden wachsen dicht aus dem Holz heraus, verschmelzen aber nicht miteinander, was sehr erstaunlich ist, „denn getrennte Eisteile, die sich teilweise berühren, neigen dazu, zusammenzufrieren, insbesondere bei Temperaturen in der Nähe des Schmelzpunkts.“
Jedes „Haar“ sprießt einzeln aus einer winzigen Öffnung, als würde eine flüssige Substanz durch Düsen gedrückt und an der Luft sofort verhärten. „Diese Vorstellung ist nicht ganz abwegig, denn laut entsprechender Forschungsarbeiten handelt es sich bei den Löchern um die Austrittsöffnungen so genannter Holzstrahlen“, erklärt Schlichting. Diese dienen dem lebenden Baum zum Transport von Wasser und Nährstoffen. Auch wenn die Erscheinung selbst kein Pilz ist, so wurde bei neueren Untersuchungen doch ein Zusammenhang mit Pilzen nachgewiesen. Wenn man geeignete Holzstücke vorher mit Hitze, Alkohol oder Fungiziden behandelt, bleibt der Effekt aus. Außerdem habe sich geschmolzenes Haareis leicht bräunlich gefärbt, was auf organische Rückstände hinweist. Und: Alle behaarten Äste waren von derselben Pilzart befallen, der Rosa-getönten Gallertkruste. Wie genau der Prozess abläuft, weiß man aber noch nicht. Doch schön ist das Haareis allemal.